[2.11] Polyzystisches Ovar
Mit der Diagnose PCO (Polycystisches Ovar) werden viele junge Frauen verängstigt und fürchten, keine Kinder bekommen zu können. Dies ist allerdings – Gott sei Dank – nicht oft der Fall, da in diesen Diagnosebild auch andere, einfachere Hormonstörungen zusammengefaßt sind.
An sich ist die kurzfristige Blutzuckererhöhung, die mit dem klassischen PCO vergesellschaftet ist, etwas natürliches: damit wird in der Pubertät das rasche Heranwachsen des Kindes zur geschlechtsreifen Frau, die für jede Schwangerschaft zusätzlich rund 140 000 kcal aufbringen muß, ermöglicht; die in der Geschlechtsreife ansteigenden männlichen Hormone erzeugen eine kurzfristige Insulinresistenz, die die für die Fortpflanzung notwendige Gewichtszunahme auslöst, sich danach aber wieder normalisiert; diese Rückkehr zur Normalität kann gestört sein, wenn man in den Pubertätsjahren kohlehydratreiche Nahrungsmittel verwendet oder überproportional an Gewicht zunimmt; dies zu beachten ist eine wichtige Vorbeugung gegen das PCO, vor allem wenn ein Elternteil übergewichtig ist.
Oft sind aber angebliche PCO Patientinnen schlank und haben einen normalen Zuckerhaushalt, trotzdem bleibt die Regel aus und die Eierstöcke zeigen kleine Bläschen. Die Gründe dafür sind dann meist andere als beim klassischen PCO: in den Pubertätsjahren machen auch die Eierstöcke einen Reifungsprozess durch – wird dieser gestört, so unterbrechen die Eibläschen das Wachstum und verbleiben in einem kleinen Zustand, was eine polycystisches Ovar vortäuscht: viele kleine Follikelzysten. Die Ursachen dafür sind eine frühzeitige, lange Pilleneinname (bevor der Zyklus regelmäßig wurde), Gewichtsabnahme, Eßstörungen, Intensivsport und seelische Belastungen.
Die gute Nachricht: mit etwas Geduld und der Zyklusimitation mit bioidenten Hormonen kann das behoben werden. Liegt tatsächlich eine Insulinresistenz vor, so gibt es dagegen gute Behandlungsmöglichkeit – so u.a. Metformin oder Inositol – allerdings in Rücksprache mit dem behandelnden Arzt
Das für die Diagnose augenscheinlichste Symptom sind die in der Sonographie darstellbaren zahlreichen, kleinen Follikel, die ähnlich wie ein „Schweizerkäse“ den Eierstock dominieren. Dies lässt auf eine zentrale Störung schließen, die das PCO-Syndrom auslösen. Erhöhen sich die GnRH-Impulsfrequenzen im Hypothalamus, so führt das zu einer Überexpression der β-Ketten des LH, letzteres steigt dadurch an. Progesteron ist bekannt, dass es die GnRH-firing rate reduziert, deshalb wird Progesteron zur Therapie des Polycystischen Ovars kausal in Erwägung gezogen.
Ein weiterer Aspekt, der zum Polycystischen Ovar führt, ist die lokale Hyperinsulinämie, die im Eierstock eine cogonadotrope Wirkung hat und in den Thekazellen die Androgensynthese aktiviert. Dadurch kommt es einerseits zu einer Hyperandrogenämie, anderseits auch zu einer fehlenden Ovulation, die durch die ovarielle Hyperandrogenämie gestört wird. Gleichzeitig reduziert das Insulin das SHBG, wodurch nicht mehr Androgene abgebunden werden. Die wichtige Rolle des Insulins bei der Entstehung des PCOs wird durch die Beobachtung unterstrichen, dass häufig ein Prädiabetes vorliegt bzw. die Glukose-Toleranz gestört ist.
Ähnlich wie bei der Endometriose ist auch das PCO im späteren Leben mit einem erhöhten Gesundheitsrisiko verbunden; PCO-Patientinnen leiden in der Menopause mehr an kardiovaskulären Erkrankungen als nicht am PCO-Syndrom Erkrankte. Aber auch eine Hypertonie findet sich häufiger bei PCO-Frauen. Dabei scheint der Plasminogen-Aktivator-Inhibitor involviert zu sein, möglicherweise sowohl in der Entstehung der Endometriose, wie auch in der Hypertonie. Deswegen wird sowohl eine Reduktion des Insulinspiegels, wie auch eine Reduktion des Plasminogen-Aktivators für die Therapie des PCOs überlegt.
Auch bei Frauen mit einer Hypertriglyceridämie und einer Hypercholesterinämie in der fertilen Lebensphase soll nach einem PCO gefragt werden.
Weiters ist auch das Risiko für ein Endometriumkarzinom erhöht, was berücksichtigt werden soll.
Therapie des Polyzystischen Ovars
In den meisten Fällen zeigen die kleinen Zysten lediglich einen „ruhenden“ Eistock an, die Follikel reifen nicht heran, es kommt zu keinem Eisprung – deshalb entstehen mit der Zeit zahlreiche kleine Zysten; in einem solchen Fall wird man versuchen, eventuele Hormonstörungen zu beheben und die Eierstöcke in ihre normale Aktivität zurückzurufen; traten Zyklusstörungen und damit auch die kleine Zysten nach einer Gewichtsabnahme auf – so wird man das Normgewicht wieder anpeilen; man könnte aber auch – und das wäre eine weitere Behandlungsmöglichkeit, die kleinen Zysten im Rahmen einer Bauchspiegelung „sticheln“:
In den kleinen Zysten, die aus nicht voll herangereiften Eibläschen entstehen, finden sich vermehrt männliche Hormone, welche die Aktivität des Eierstocks stört. Deswegen ist die laparoskopische „Stichelung“ dieser kleinen Zysten, durch die der Zysteninhalt entleert wird, eine weitere Therapiemöglichkeit. Dies geschieht im Rahmen der Laparoskopie.
Ähnlich wie bei der Endometriose kann man anschließend die ovarielle Aktivität – mit einem Computer vergleichbar – kurzzeitig mit einem GnRH-Analogon ausschalten, um sie danach neu zu starten. Dies wird anschließend durch die zyklische Verabreichung des Progesterons unterstützt, welches einen günstigen Einfluss auf die hypophysäre Fluktuation hat.
Obwohl die Entstehung des Polyzystischen Ovars noch nicht restlos geklärt ist, weiß man um die wichtige Bedeutung der Insulin-ähnlichen Hormone, die an den Eierstöcken stimulierend wirken und die Entstehung dieser kleinen Zysten begünstigen. Diese Insulin-ähnlichen Hormone sind bei einer leicht gestörten Kohlenhydratstoffwechsellage vermehrt, deswegen besteht eine erfolgreiche Therapiemöglichkeit darin, den Kohlenhydratstoffwechsel zu normalisieren, was mit Metformin bzw. Glucophage gelingt. Dadurch kann man mitunter eine normale Aktivität der Eierstöcke wieder ermöglichen. Wichtig ist natürlich auch eine kohlenhydratarme Diät.