[3.6.1] Nahrungsaufnahme und freie Radikale
Biologisches Leben ist Elektronik, die vielfältigen Reaktionen unseres Lebens, die von der Muskelbewegung bis zur Komposition einer Symphonie führen sind nur durch die Pendelbewegungen der Elektronen möglich, die all jene chemische Reaktionen in Gang halten, welche Voraussetzung für das irdische Leben sind. Die Energie für diese Pendelbewegung der Elektronik – und diese ist wie gesagt die Grundlage des Lebens – kommt in unserem derzeitigen System aus der großen Anziehungskraft, die der Sauerstoff für Elektronen hat. Unzähligen Verbindungen entzieht er die Elektronen, durch den Sprung auf den Sauerstoff wird jene Energie frei, die für das Leben unabdingbare Voraussetzung ist. Die Quelle der Elektronen, die der Sauerstoff anzieht, wird – vereinfacht ausgedrückt – dem Körper durch die Nahrung zugeführt. Meist entsteht über die Zerlegung der Nahrung Wasserstoff, der unter Bildung von Wasser auf den Sauerstoff springt und damit die notwendige Energie bildet. Dies erklärt letzten Endes die Notwendigkeit unserer Nahrung. Sie wird mit dem Sauerstoff gekoppelt und in einer sublimen Form der Verbrennung zugeführt, die Lebensenergie erzeugt. Nahrungsresourcen sind demnach Voraussetzung für irdisches Leben. Der Sauerstoff benötigt Substrat, das er verbrennt, wodurch – wie schon erwähnt – als Nebenprodukt die Lebensenergien entstehen.
So wichtig es ist, die Kalorien zu reduzieren, so sehr sind sie in Form der Nahrungsaufnahme notwendig und Voraussetzung für unser Leben. Bei jeder Mahlzeit entstehen unzählige Elektronen, die zum Sprung auf den Sauerstoff ansetzen und damit den Motor der Zellen vorantreiben. Wie der Treibstoff eines Verbrennungsmotors über die Benzinleitung zum Zylinder fließt und dort in Energie und Bewegung konvertiert, so fließen auch die Elektronen in unserer Zelle in den Mitochondrien auf den Sauerstoff und erzeugen dadurch ebenfalls Energie und Bewegung. Elektronen sind allerdings viel beweglicher als flüssiger Treibstoff und es gelingt einzelnen immer wieder, aus dem vorbereiteten Weg zum Sauerstoff zu entweichen und, statt mit dem Sauerstoff, mit anderen Atomen zu reagieren. Dadurch entstehen jene Radikalschäden, über die schon gesprochen wurde und die letzten Endes für eine Veränderung der DNA, der Proteine aber auch der Zellmembranen und der Blutgefäße verantwortlich sind. Fehlgeleitete Elektronen sind eine wichtige Ursache des Alterns. Ein wichtiges Konzept in der Altersforschung besteht darin, die Nahrungszufuhr so zu verbessern, daß einerseits die notwendige Energie dem Körper zur Verfügung gestellt wird, andererseits aber möglichst wenig Elektronen als freie Radikale sich in der Zelle verirren und dort dann als Räuber fungieren. Bei fettreicher Nahrung werden besonders viele Elektronen gebildet; obwohl Fette hohe Mengen an Energie beinhalten, werden sie heute von gesundheitsbewußten Menschen eher gemieden. Der Grund liegt in den hohen Mengen an freien Radikalen, die bei der Energieumwandlung von Fettsäuren freigesetzt werden.
Die Kunst der Ernährung liegt demnach darin, dem Körper ausreichend Energien zur Verfügung zu stellen, andererseits aber auch Vorsorge zu treffen, um die damit verbundenen freien Radikale zu dezimieren. Ein erfolgreicher Weg dazu besteht in einer bestimmten Kombination: es werden nicht nur energiereiche Nahrungsmittel verzehrt, sondern gleichzeitig auch Radikalfänger konsumiert, die aberante Elektronen sofort arretieren. Die Chinesische Medizin weist uns auch dabei den Weg: so wie bei uns nach jeder Mahlzeit Kaffee angeboten wird, so genießen die Menschen in vielen asiatischen Gegenden nach ihrer Mahlzeit grünen Tee. Dies ist in manchen Regionen der Welt ein richtiger Kult – wie man heute weiß und naturwissenschaftlich nachgeprüft hat – völlig zu Recht. Grüner Tee regt nicht nur die Magensäure und andere Verdauungssäfte an, sondern verfügt auch über biochemische Strukturen, die wie ein Netz die bei der Verdauung der Nahrungsmittel entweichenden freien Radikale einfängt und inaktiviert. Koffein besitzt diesen Radikalfangmechanismus nicht, es ist demnach sinnvoll, statt Kaffee nach einer Mahlzeit auf grünen Tee zurückzugreifen. Auch in China liegen große Schätze der menschlichen Weisheit und unsere europäische naturwissenschaftliche Hybris sollte uns nicht abhalten, sie zu nützen. Einen in die gleiche Richtung gehenden, wenn auch nicht so wirksamen Brauch gibt es auch in Europa. Oft wird nach einer Mahlzeit frisches Obst gereicht, daß so wie Käse den Magen endgültig verschließen soll. Frisches Obst, vor allem Weintrauben und Äpfel beinhalten ebenfalls jene Strukturen, die Radikal einfangen können, dadurch wird der Verdauungsakt entschärft und konzentriert sich nur auf den geordneten Elektronenfluß, aberante Elektronen werden von den Bestandteilen des frischen Obstes neutralisiert. »An apple a day – keeps the doctor away«. Auch in unseren Breiten hat die Volksweisheit die Sinnhaftigkeit erkannt, eine Nahrung mit Obst zu beschließen. Es ist allerdings nicht nur der Elektronenfang, welcher Äpfel und andere zellulosereiche Obstsorten auf den Essenstisch bringen soll. Äpfel sind reich an Zellulose, einer dem Holz verwandten chemischen Verbindung, die nicht resorbiert sondern mehr oder weniger so durch den Darm geht, wie sie zerkaut wird. Damit fungiert der Apfel als Ballaststoff, er treibt die schlackenarme Nahrung vor sich im Darm her und normalisiert den Stuhlgang, ein Aspekt, der für unsere Gesundheit trotz seiner Banalität von nicht zu unterschätzender Bedeutung ist. Manche Nahrungsmittel werden durch unseren Verdauungstrakt in Zwischenstufen zerlegt, die äußerst belastend für die Darmzellen sind. Ihre schnelle Eliminierung ist deswegen wichtig, ballastreiche Nahrung, wie es zum Beispiel Äpfel sind sorgen mit dafür, daß problematische Abbauprodukte nicht zu lange im Verdauungstrakt liegen bleiben und damit möglicherweise krebsartige Veränderungen hervorrufen.
Zu den Schätzen der Natur gehören drei Früchte, die in besonderem Maße erwähnt werden sollen, weil sie der Entstehung von Krankheiten und dem Alterungsprozeß entgegenarbeiten: Soja, Weintrauben und Broccoli.
Soja stammt auch aus asiatischen Ländern und birgt zwei Eigenschaften in sich, die Grund genug dafür wären, daß es auch in unseren Breiten mehr gegessen wird.
Zu den größten Herausforderungen der Medizin gehört derzeit der Brustkrebs: obwohl Milliarden von Schillingen in die Forschung investiert werden, ist derzeit der große Durchbruch noch nicht gelungen. In Europa und in den Vereinigten Staaten erkranken 8 bis 10 Frauen pro 100 im Laufe ihres Lebens an Brustkrebs. In manchen asiatischen Gegenden ist es nur 1 Frau pro 100. Der Grund dafür wird dem Genestein zugeschrieben, einem Bestandteil im Soja, der eine auffallende Ähnlichkeit zu jenen Antiöstrogenen aufweist, die zur Nachbehandlung des Brustkrebses Verwendung finden. Obwohl auf Knochen und auf Blutfette dieses Genestein genau so reagiert wie das Östrogen, scheint es am Brustgewebe einen entgegengesetzten Effekt zu entfalten. Sicher ist, daß durch Soja der Cholesterinspiegel gesenkt und der Knochenaufbau verbessert werden kann. Wahrscheinlich werden auch hormonabhängige Organe wie es die Brustdrüse und die Prostata sind, über das Genistein geschützt.
Allerdings hat Soja auch einen anderen Aspekt, der für »Nahrung und Radikale« von Interesse ist. Soja beinhaltet eine besondere Form des Vitamin E, nämlich das gamma-Tokopherol. Die Version des Vitamins, die im normalen alpha-Tokopherol, dem käuflichen Vitamin E nicht enthalten ist, fängt ein bei der Verdauung ebenfalls entstehendes, besonders gefährliches freies Radikal ab, nämlich das Peroxinitrit. Dieses bildet sich überall dort, wo Stickmonoxid unterwegs ist, ein ubiquitäres Uraltmolekül, das zahlreiche Funktionen in unserem Körper erfüllt. Es entsteht nicht nur bei Stoffwechselreaktion, sondern auch bei der Verdauung bestimmter Speisen, wodurch die lebensnotwendige Kalorienzufuhr zu einem partiell lebensbedrohenden Spiel wird. Mit Soja kann man die gefährliche Seite der Nahrungszufuhr entschärfen.
Die uralte Kulturpflanze der Menschheit, die Weintraube kommt die Molekularbiologie zu neuen Ehren, die Grund dafür sind, daß sie ebenfalls bei keiner Mahlzeit – zumindest in der Saison fehlen sollen. Die Schale der Weintraube beinhaltet eine Substanz, das Reservatrol, das die Entstehung von Krebs hemmt. Daß der als Maische verworfene Bestandteil der Trauben einen unschätzbar hohen Wert hat, brachte die moderne naturwissenschaftliche Forschung zu Tage. Reservatol hemmt ebenfalls Radikale, indem es jene körpereigene Polizei verstärkt, die Radikale arretieren. Dieser Umstand macht Weintrauben zum hervorragenden Nahrungsmittelzusatz: die bei der Nahrung neben der Energie entstehenden Radikale werden durch dieses Obst im Keime erstickt. Allerdings ist das nicht das Ende der »Weintraubenstory«. Einerseits stimulieren die Schalen der Trauben jene Enzyme, die die freien Radikale zerstören, andererseits unterdrücken sie andere Stoffwechselvorgänge, deren sich die Krebszelle bedient um zu wachsen. Das die Natur für die Krebsbekämpfung Schätze bereit hält, weiß man vom Taxol, einem Eibenprodukt, das in der Zwischenzeit wegen seiner Kostbarkeit gentechnologisch hergestellt wird. Möglicherweise wird dies auch beim Reservatol der Weintraube so werden.
Broccoli war das Gemüse des Jahres 1993, gekürt von der angesehenen amerikanischen John Hopkins Universität. Daß Kohlgewächse, allen voran Broccoli gesundheitsfördernd sind, ist , was den Kohl betrifft, seit dem Mittelalter bekannt. Auch hier war es wieder die moderne pharmakologische Forschung, die in den letzten Jahrzehnten die Erklärung für diesen gesundheitsstabilisierenden und das Altern hinausschiebenden Effekt gab. Auch die Hormone unseres Körpers werden verdaut und nach einer gewissen Zeit mit dem Urin oder über den Stuhlgang eliminiert. Allerdings entstehen auch dabei Zwischenprodukte, die sich unterschiedlich lang in unserem Körper aufhalten und eigenwillige Effekte entfalten, die vom Eierstock, wo z.B. die Muttersubstanz Östrogen gebildet wird, nicht vorgesehen ist. Gerade bei der Umwandlung dieses Hormons kann neben einem harmlosen Metabolit ein anderes Östrogen-Derivat entstehen, das die Zelle belastet und Blutgefäße anregt, sich zu teilen und beginnende bösartige Gewebe mit dem Blutkreislauf zu verbinden. Dies ist ein Aspekt, der erklärt, daß Hormonstörungen tatsächlich an der Entstehung bestimmter Krebsarten beteiligt sein können. Broccoli entwickelt die besondere Eigenschaft, diesen gefährlichen Verdauungsweg von Hormonen zu unterdrücken, es läßt nur den harmlosen Abbauweg zu, über den die Hormone, ohne Schaden anzurichten den Körper verlassen. Deswegen ist Broccoli und Kohlreiche Diät dann von besonderem Nutzen, wenn gleichzeitig auch Hormone, z. B. im Rahmen der Menopausenbehandlung zugeführt werden.
Die Schätze der Natur sind noch lange nicht genützt, um Gesundheit und Fitneß auch im Alter zu erhalten. Soja, Weintraube und Broccoli sind wegen ihrer besonderen Bedeutung herausgestellt worden. Daneben haben auch Zwiebelgemüse und vor allem Knoblauch Bedeutung, über die schon viel gesagt wurde und die deswegen hier nur stiefmütterlich kurz erwähnt werden soll. Knoblauch bekämpft Bakterien. Es ist ein natürliches Antibiotikum, das nicht nur Pilzerkrankungen in der weiblichen Scheide heilt, sondern auch Bakterien in anderen Körperteilen zerstört. Daneben relaxiert Knoblauch die Blutgefäße und steuert damit der Verkalkung entgegen. Auch die Lebensdauer der Keratinozyten, der obersten Hautzellen kann durch Knoblauch prolongiert werden, ein ausgesprochener Antiaging-Effekt.
Auch die Folsäure ist als Nahrungsmittelzusatz nicht zu unterschätzen. Es fängt den sogenannten Homocystin-Spiegel im Blut und verhindert damit ebenfalls die Verkalkung. Folsäure gibt es als Tabletten, unter den natürlich vorkommenden Substanzen ist es besonders in Hefe enthalten. So sehr man einerseits mit der Kalorienaufnahme zurückhaltend sein soll kann man andererseits mit der Flüssigkeitszufuhr großzügig umgehen. Nicht immer, wenn man Hunger hat, soll man gleichzeitig dem Körper Nahrung anbieten, Flüssigkeit soll man ihm jedoch auch dann zur Verfügung stellen, wenn sich kein Durstgefühl regt.
Ein Aspekt des Trinkens von Mineralwasser oder von Kräutertee soll hervorgehoben werden. Die in unserem Körper vorhandenen Zuckermoleküle haben die Tendenz, sich mit Proteinen zu verbinden . Dies ist mitunter sinnvoll und stattet die Eiweißmoleküle mit zusätzlichen Eigenschaften aus. Wird die Verzuckerung der Aminosäure in zu großem Stil durchgeführt, leiden die Funktionen der hauptsächlich aus Peptiden zusammengesetzten Organe. Zusätzlich bilden sich jene braunen Flecken auf der Haut, im Gehirn aber auch in anderen inneren Organen, die als Altersflecken bezeichnet werden und dem Karamelisierungsprozeß vom Zucker biochemisch entsprechen. Durch das Erhitzen von Kohlenhydrate und durch die gleichzeitige Anwesenheit von Aminoverbindungen bilden sich braune Zucker, die – sind sie in unserem Körper präsent – den Alterungsprozeß beschleunigen. Diese Verbindung von Kohlenhydraten mit Proteinen, die zu einer Inaktivierung letzterer führen kann, ist teilweise durch Wasser lösbar. Ausreichendes Trinken kann demnach die Ausscheidung der noch löslichen Wasser-Eiweiß-Verbindungen fördern.