[3.8.2] Dinner-Canceling

Das Geheimnis der 14 Stunden – warum es eine erfolgreiche Strategie ist, das Leben zu verlängern

14 Stunden zwischen zwei Mahlzeiten – ein neues Überlebensprogramm

Von den drei großen Träumen der Menschheit sind zwei in Erfüllung gegangen, die Umwandlung der Metalle und die Überwindung der Schwerkraft. Die Verwirklichung des dritten Traumes hingegen, den Sieg und Kampf gegen das Altern – den haben sich die Götter noch vor­behalten. Allerdings scheint – bei diesem dritten Traum – nun etwas in Bewegung zu kommen.

Der Grund ist eine Koalition, die die Computertechnolo­gie und die Datenverarbeitung mit der biomedizinischen Forschung einging, welche dadurch hochgerüstet wurde und vieles, was ihr bis dato verborgen blieb, mit den elektronischen Gehirnen auszuspionieren beginnt und das Objekt ihrer intellektuellen Begierde auf ein Gebiet konzentriert, das uns alle betrifft: Warum wir altern und wie wir den Alterungsprozess verlangsamen könnten.

Dabei geht es der Medizin nicht so sehr darum, das Leben mit Gewalt zu verlängern, sondern die immer länger dauernde (Gott sei Dank) zweite Lebensphase, jenseits des 50sten Lebensjahres ähnlich fit und gut zu gestalten, wie die Zeit davor: ohne Bypass-Operationen, ohne mit Osteoporose in einen Rollstuhl gefesselt zu sein und mit der Möglichkeit, auch noch jenseits des achtzigsten Lebensjahres Kreuzworträtsel auflösen zu können – sofern man das wünscht. Wenn diese Verbes­serung unserer Lebensqualität gleichzeitig auch die Lebensdauer prolongiert, so muss das nicht unbedingt einen Nachteil darstellen.

In den letzten 100 Jahren hat sich in den westlichen Ländern die Lebenserwartung der Menschen verdoppelt: Impfungen, Antibiotika, ein besseres Gesundheits­system, sozialer Frieden und höhere Nahrungsqualität sind einige der Gründe dafür. Der frühe Tod wurde so in vielen Fällen beseitigt, der Alterungsprozess als solcher jedoch nicht aufgehalten.

Um ein Missverständnis auszuräumen: die Pille, den Cocktail, die Hormone die ewiges Leben verheißen, gibt es nicht.
Durch die Koalition der Computertechnologie mit der Medizin hat letztere ungeahnte Möglichkeiten bekom­men und kann schneller in kürzerer Zeit viele Experimente vor­nehmen und diese auswerten. Dabei kommen interessante Details an den Tag, die tatsächlich zur Verlangsamung des Alterungsprozesses genützt werden können. Dabei bestätigt die molekulare Medizin, was der jahrtausendalten menschlichen Weisheit nicht un­bekannt war, dass nämlich ein maßvolles Leben die Basis für die Altersprävention ist. Dieses maßvolle Leben gibt einem auch der Hausverstand vor („use your commonsense“); es ist sinnlos den Organismus mit den Feinden des Körpers, Zigaretten und übermäßigen Alkoholkonsum sowie durch ein ungesundes kalorien­reiches Essen zu belasten und auf der anderen Seite Pillen von der Medizin zu verlangen, welche das Leben verlängern sollen.

Die Rhythmen des Lebens

Zu den einfachen Regeln, im Abendland seit Jahr­hunderten bekannt – für die Altersprävention von Bedeutung – und durch die molekulare Medizin bestätigt, gehört die Akzeptanz biologischer Rhythmen.

Unabhängig von unserem Gehirn besitzt der Körper in seinen Organen eine spezifische Intelligenz, die Tages- und Lebensrhythmen erkennt, denen wir unterworfen sind. In diesem Rhythmus soll der Mensch schwingen – dies scheint ein effektiver Weg in der Alterungspräven­tion zu sein.
Unser Organismus orientiert sich – so wie der vieler anderer Lebewesen – an der Sonneneinstrahlung, an der Rota­tion der Erde um sich selbst und auch um die Sonne. Diese Rhythmen sind in den Gen­funktionen niedergeschrieben. Sie müssen ernst ge­nommen werden und unser Großhirn ist schlecht be­raten, gegen diese organinterne Intelligenz anzukämp­fen. Die Rhythmen betreffen den Schlaf – Tagzyklus, an den sich der Körper einmal gewöhnt und der dann auch im Großen und Ganzen beibehalten werden soll. Je mehr man davon abweicht und je unregelmäßiger man die Ordnung des Zu-Bett-Gehens und des Aufstehens unterbricht, umso schwerer tut sich der Körper, dies zu verstehen. Von diesen Rhythmen wieder sind Systeme und biologische Ordnungen abhängig, deshalb soll man alles tun, um sie – wann immer es geht –beizubehalten. Der Zeitpunkt der Nahrungsaufnahme wird ebenfalls vom Körper genau registriert und in ein chronologisches Zeitprogramm umgeschrieben – und man tut ebenfalls gut daran, sich daran zu halten. Die völlige Unregelmäßigkeit von Mahlzeiten belastet den Körper – was viele Menschen am eigenen Leib beobachten können.
Ähnliches gilt auch für den Stuhlgang, auch er unterliegt einem Rhythmus und auch er soll, so weit es geht, bei­behalten werden. Aber auch die Rhythmen der Erho­lung, der Freude, der Bewegung und des Sportes fallen ebenfalls in jene allgemeine Empfehlung, die man wis­sen und beherzigen soll, da sich dafür der Körper letzt­endlich bedankt.

Hinter verschlossenen Türen wird seit langem ernsthaft die Frage von vielen Wissenschaftlern erläutert, ob es genetische Programme gäbe, die aktiviert, den Alterungsprozess rückgängig machen oder verlang­samen könnten. Das Geheimnis der Reptilien steht den Molekularbiologen vor Augen. Wird ein Körperteil bei diesen Tieren zerstört oder fällt er einem Feind zum Opfern, so sind manche Reptilien in der Lage ein embryonales Gen wieder zu aktivieren, das die zer­störten Gliedmaßen nachwachsen lässt. Diese Mecha­nismen werden in ähnlicher Weise genau untersucht, wie die Prozesse der Wundheilung, die eine gewisse Ähnlichkeit mit der Krebsentstehung besitzen.

Aber auch die Schwangerschaft ist ein interessantes Alterspräventionsmodell, bei dem sich der mütterliche Or­ganismus teilweise selbst regeneriert, und über Genprogramme wacht, die ein neues Individuum entstehen lassen.

Ein lebensverlängernder Stress

Tatsächlich hat unser Körper die Fähigkeit, bei besonde­rer Belastung neue Gene einzuschalten, die einerseits unsere Organe schützen und andererseits sie so gegen Stress begünstigend ausstatten, dass dadurch Altersschäden zumindest teilweise ausgeglichen wer­den. Die bei der Verwundung auftretenden Programme der Wundheilung sind ein Beispiel dafür. Aber auch bei Veränderungen des Kälte- und Wärmehaushaltes schei­nen interessante Gene aktiviert zu werden, die Kräfte gegen das Altern mobilisieren. Dies wird derzeit intensiv untersucht.

Gute Daten hat die Medizin aber für eine andere Stress­situation, die offensichtlich eine gewaltige Bedrohung für unseren Organismus darstellt, sodass er alles in Gang setzt, um zu überleben, – in dieser Überlebungssorge altes Gewebe über Bord wirft und in sehr ökonomischer Weise neu heranwachsende Zellen schützt. Diese Stresssituation ergibt sich dann, wenn der Glukose­spiegel unseres Körpers abzusinken beginnt und die Zellen mit der Gefahr konfrontiert werden, zu verhungern und zu sterben. Die Angst-Reaktionen unseres Körper beim Absinken des Glukose- und Insulinspiegels entpuppen sich derzeit als Königsweg in der Altersprävention. Alle uns momentan zur Verfügung ste­henden Untersuchungen deuten darauf hin, dass dieser „Hunger-Stress“ ein Geheimtipp ist, um Alters­erkrankungen vorzubeugen und das Leben in einem fit­ten Zustand zu prolongieren. Natürlich konzentrieren sich die wissenschaftlichen Daten auf Untersuchungen im Tierreich. Allerdings sind die wissenschaft­lichen Ergebnisse so kongruent, dass die Übertragung auf den Menschen als intellektuell redlich erscheint. Um beim Homo Sapiens diesen alterspräventiven Weg schlüssig zu dokumentieren, wird es noch zwei Generationen benötigen.

Die Tatsache, dass Fasten für unseren Körper von Wichtigkeit ist, gehört zu den Schätzen der menschlichen Weisheit, in vielen Reli­gionen findet man diesen Rat wieder, im Judentum, im Islam und in den christlichen Traditionen. Neu sind aller­dings die Erklärungsmodelle, welche die Medizin nun auf den Tisch legt und die es uns verständlich machen, warum in vielen Kulturen seit Tausenden von Jahren den Menschen der Rat zum Fasten gegeben wird.

Das Absinken des Glukosespiegels bewirkt eine niedrigere Körpertemperatur, dadurch verringert sich einerseits die physische Leistung – diese ist an Wärme gebunden – andererseits nehmen jene freie Radikale ab, welche bei jeder Arbeit entstehen und die sich störend auf Fette und Proteine, den Bausteinen unserer Zelle, auswirken. Obwohl man unseren Körper nicht mit einem Auto gleichsetzen darf, würde in diesem Zusammenhang der Vergleich stimmen: Je höher die Leistung, umso höher auch die Gefahr des Verschleißes. Die Altersprävention hat demnach auch ihren Preis, der an die Boltzmannsche Entropie erinnert: Geordnete Verhältnisse gehen in ungeordnete über, je wärmer und aktiver sie sind, umso höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass Un­ordnung auftritt.

Das Absinken des Glukosespiegels wirkt aber noch in anderer Weise verjüngend: Die Hypophyse ist ein Organ zwischen dem Auge, sie steuert in ihrem vorderen Teil die wichtigsten Prinzipien unseres Lebens: Die Fort­pflanzung, die Stressabwehr, den Energiehaushalt, die Ernährung der Neugeborenen und das Wachstum. Letzteres wird vom Somatotropen Hormon gesteuert, nicht nur in der Kindheit und in der Pubertät, sondern auch später im Leben. Über sehr komplizierte Mecha­nismen greift das Wachstumshormon in den Zellzyklus, in die Proteinneubildung, aber auch in den Zucker­haushalt ein und regeneriert alte Strukturen. Mit dem Alter verliert die Hirnanhangsdrüse ihre Freude, Wachstumshormon zu bilden, es sinkt ab Lebens­mitte ab. In den Vereinigten Staaten wird es als Jung­brunnen verkauft und über Injektionen den alternden Menschen zugeführt, wobei diese einen „Pferdefuss“ hat: Das Wachstumshormon schwankt, wird in Wellen aus der Hirnanhangsdrüse den einzelnen Organen übergeben und dieses Auf und Ab des Hormons ist für viele seiner Wirkungen mitverantwortlich. Injiziert man das Wachstumshormon in das Gesäß, so ist eine ein­malige Konzentration verfügbar, es fehlt aber jener Schwankungsbereich, der gerade beim Wachstums­hormon von Wichtigkeit ist. Deswegen hat die Medizin vieles versucht, um den Körper selbst anzuregen, Wachstumshormon freizusetzen. Auf dieser Suche fand man eine Aminosäure, das Arginin, welches einen ge­wissen Effekt auf die Wachstumshormonfreisetzung hat: Dies ist einer der Gründe, warum Fische, die reich an Arginin sind, dem Körper gut tun.

Die Suche nach Rezepten, die den Körper dazu bringen, das Wachstumshormon selbständig und in Eigenregie freizusetzen, brachte – neben dem Arginin – eine interessante Erkenntnis: Ein Absenken des Glukose­spiegels, der Stress des Verhungerns, führt ebenfalls zu einer starken inneren Produktion des Somatotropen Hormons, so als wollte der Körper dem Verhungern und dem Absterben der Zellen entgegenwirken. Allerdings leistet sich die Hirnanhangsdrüse die Wachstums­hormonsynthese nicht den ganzen Tag. Sie ist auf eine beschränkte Zeit konzentriert und die fällt unglücklicher­weise noch in die Nacht. Zwischen 0.00 Uhr und 2.00 Uhr morgens ist unser Körper bereit, Wachstums­hormon zu bilden und auch in die Blutbahn abzugeben und hier reagiert er sehr sensibel auf den Glukose­spiegel. Je niedriger dieser ist, umso mehr Wachstums­hormon wird gebildet. Ca. 8 Stunden benötigt der Körper, um die aufgenommene Nahrung zu verdauen und in Energie umzusetzen. Erst dann beginnt langsam der Zucker des Blutes zu sinken und bekanntlich be­kommt man dadurch neuen Appetit. Um Mitternacht kommt die richtige Stunden für das Wachstumshormon. Ist der Magen leer und es sind keine Nahrungs­mittel im Darm, so bekommt die Hirnanhangsdrüse den Befehl, die Bildung des Wachstumshormons zu ver­stärken. Rechnet man von Mitternacht acht Stunden zurück, so sind wir bei 16 Uhr nachmittag. Dies ist auch der Zeitpunkt, wo das letzte Mal eine Nahrung eingenommen werden soll. Nach acht Stunden, also um Mitternacht, ist die Verdauung beendet, der Darm leer, Insulin und Glukose sinken ab.

Die moderne Gesellschaft bietet Versuchungen an, die das Leben eigent­lich verkürzen. Der ungehinderte Zutritt zur permanenten Nahrungsaufnahme befriedigt zwar die Gaumenfreuden, verkürzt aber gleichzeitig die Lebenszeit.
Für die Frau ist es gerade in den Wechseljahren wichtig, die Kalorieneinnahme einzuschränken. Die inneren Ge­schlechtsorgane arbeiten nicht mehr so viel, deshalb soll man die Nahrungsmenge reduzieren. Damit entledigt man sich auch eines Problems, welches die Frau um die Lebensmitte häufig beschäftigt – nämlich der Gewichts­zunahme. Sie ist Ausdruck dafür, dass dem Körper Nah­rung angeboten wird, die er nicht mehr in Energie um­setzen kann. Weise Mediziner geben deshalb den Rat, und dies gilt auch für den Mann, eine Mahlzeit dann zu beenden, wenn man noch nicht ganz satt ist. Ein leichter Rest-Hunger soll bleiben, das tut den Zellen gut. Natürlich kann man sich in der heutigen Zeit vom Abendessen nicht ganz fernhalten, allerdings gäbe es auch hier eine salo­monische Lösung: Zweimal pro Woche könnte man ver­suchen, jene 14 Stunden Nahrungskarenz zu praktizie­ren, welche den Alterungsprozess verlangsamt. Der Befehl dazu kommt immer vom Kopf, dieser muss willens und bereit sein, die 14 Stunden-Regel um­zusetzen. Der häufige Konsum von warmen Tee, oder auch nur von Wasser, hilft in der ersten Zeit, die ärgsten Hungergefühle beiseite zu legen. Und dann wird es leichter, denn der Körper signalisiert nach kurzer Zeit am Morgen nach dem Aufwachen ein neues Wohlgefühl, das motivierend ist, ab und zu den Hunger zu ertragen bzw. ihn auch zu kultivieren.

Die Notprogramme, die unser Organismus einschaltet, wenn er fürchtet verhungern zu müssen, sind aber noch weit reichender. Durch einen noch nicht genau bekann­ten Spähvorgang hält er unter den Milliarden von Zellen Ausschau, ob irgendwo sich nicht mehr reparierbare Zellverbände befinden, aus denen möglicherweise eines Tages auch bösartige Geschwulste entstehen. Diese werden beim Absinken des Glukosespiegels in den Selbstmord getrieben, ihnen wird das so genannte „Apoptose-Programm“ aufgedrängt, mit denen sich nicht mehr ganz in Ordnung befindliche Zellen selbst umbrin­gen müssen. Wenn gespart werden muss – und dies ist bei einem niedrigen Glukosespiegel der Fall – dann na­türlich zunächst in jenen Organteilen und Zellen, die nicht mehr in Ordnung sind. Dies ist ein enormer Schutzmechanismus im Alter, wenn die Gefahr für bösartige Geschwulste wächst.

Das „Leere-Magen-Gefühl“ initiiert einen Ying-Yang-Mechanismus: Einerseits werden Zellen zerstört, die dem Körper suspekt vorkommen, andererseits wird über das Wachstumshormon der Aufbau neuer Zellverbände ge­fördert. Beides ereignet sich dann, wenn der Körper den Eindruck vermittelt bekommt, möglicherweise zu ver­hungern.

Es sind bestimmte Genprogramme, die der Körper ankurbelt, wenn er sich in Nahrungs­not befindet und die – zumindest im tierexperimentellen Bereich – das Leben signifikant ver­längern. Zwei Gene werden durch die Kalorienrestriktion vermehrt aktiviert, das DAF-16-Gen sowie die FOXO-Gene, die während der Embryonalzeit an der Entstehung unserer Organe grundlegend beteiligt sind. Nach der Geburt wird ihre Aktivität weitgehend ruhig gestellt, wenn sie auch fall­weise in dem einen oder anderen Organ noch aktiv sind. Sinkt der Glukose- und der Insulinspie­gel ab, kommt es in beiden Genen zu einem Aktivitäts­schub, möglicher­weise werden dadurch embryonale Vorgänge simuliert, jedenfalls wird – zumindest im Tier­experiment – die Rejuvination durch sie aktiviert.
DAF-16 bezeichnet das Gen, welches in der Frucht­fliege und anderen Uralttieren die Lebensdauer beeeindruckendt zu verlängern vermag. Bei Säugetieren und bei Menschen haben sich aus diesem DAF-16-Gen die FOXO-Gene und auch die entsprechenden ‚Proteine’ gebil­det. Diese sind Transkriptionsfaktoren, welche Gene für die Stressresistenz einschalten, aber auch für die DNA-Reparatur und für Proteine der angeborenen Immun­abwehr. Dies alles bewirkt der FOXO-Komplex, der dann ansteigt, wenn der Magen vor Hunger zu schmer­zen beginnt. Damit bewirkt das Absinken des Glukose­spiegels nicht nur, dass weniger Radikale im Körper hergestellt werden, sondern dass darüber hinaus auch vermehrt antioxydative Proteine synthetisiert werden, welche selbst die ruhende Zelle resistent gegenüber freien Radikalen machen. Die Superoxyddismutase und die Katalase sind zwei dieser Proteine, die in unserer Zelle peinlich darauf achten, dass die bei der Arbeit entstehenden freien Radikale nicht zu großen Schaden anrichten. Beide werden durch FOXO verstärkt hergestellt wenn der Glukosespiegel im Blut niedrig ist. Schnell arbeitende Zellen generieren besonders viele freie Radikale, allerdings stellen diese Zellen die Proteinkinase P (PKP) her – auch c-Akt genannt – welche Zellen vor der Apoptose (programmierter Selbstmord) schützen. Den ruhenden Zellen fehlt diese Proteinkinase P, sie werden durch FOXO-3 – auch im schlafenden Zustand – vor Radikalen und Stressfaktoren geschützt, die mitunter auch trotz Ruhe zu ihnen gelangen, Schaden auslösen könnten. Auch die „Mangansuperoxyddismutase“ – ein weiterer Streß-Fänger – wird durch FOXO-3 aktiviert.

Das lange Leben der Larven

Dieser Mechanismus des Körpers ist uralt und geht auf die Larvenentwicklung zurück, in der das DAF-16 – der Vorläufer von FOXO – notwendig ist, um die Diapause des 3. Larvenstadiums zu öffnen, die besonders stress­resistent ist und in der die Larven über längere Zeit ge­schützt verbleiben. Bildet sich eine Larve heran, so durchschreitet sie verschiedene Phasen, die beschütz­teste, in der sie über lange Zeit verbleiben kann, ist die Diapause des Larvenstadiums 3. Dabei erleidet die Larven einen Nahrungsentzug, eine Reduktion der ihr zur Verfügung gestellten Kalorien und das ist das Ein­trittsbillet für jene Ruhephase, in der die Larve beson­ders geschützt ist. Ähnlich wie im Larvenstadium durch das „Restriction of Calories“ DAF-16 ansteigt und dadurch andere Proteine unterdrückt, wie z. B. LIN-14, ein Larvenentwicklungshormon, wird bei den Säugetieren durch das Absinken des Glukosespiegels FOXO ver­mehrt vom Körper gebildet und das Insulinsignalsystem unterdrückt. Durch den niedrigen Blutzucker kommt es gleichzeitig auch zu einem Absinken des Insulins und anderer Wachstumsfaktoren – über verschiedene Mechanismen – und das scheint ebenfalls stark lebens­verlängernd zu sein.

Aber auch ein 2. Gensystem wird durch Hungerwellen durch die Kalorien­restriktion und durch den absinkenden Zucker angekur­belt und unterstützt ebenfalls die Langlebigkeit der Zel­len, nämlich PHA-4, ein embryonaler Wachs­tumsregulator, der an der Entwicklung unserer Organe mitbeteiligt ist, nach der Geburt absinkt, beim Fasten und bei Kalorienrestriktion jedoch wieder an­steigt. In der embryonalen Entwicklung ist dieses Protein verantwortlich, dass sich der Verdauungstrakt ausbildet, die Kohlenhydrat-Wasserstoff-Wechselung funktioniert, Radikalfänger gebildet und Hormone in der richtigen Reihenfolge ausgeschieden werden. Wahr­scheinlich erfüllt er auch im Erwachsenenleben, wenn zu wenige Kalorien vorhanden sind, eine ähnliche Funktion, auf jeden Fall wird das Altern damit verlangsamt. Wäh­rend FOXO vor allem durch die Absenkung des Gluko­sespiegels reagiert, registriert PHA-4/FOXA die Kalo­rienabnahme als solches und kurbelt Langlebigkeitsgene an.

Lebensverlängerung um das Zehnfache – bei der Hefe

Die lebensverlängernde Wirkung der Kalorienrestriktion konnte auch bei der Hefezelle beeindruckend präsentiert werden. Zehnmal älter können sie werden, wenn man ihren Kalorienverbrauch drosselt und zusätzlich be­stimmte Gene ausschaltet. Das haben Forscher von der Universität von Kalifornien in Los Angeles herausgefun­den. Ihren Angaben zur Folge ist eine derartige unglaubliche Verlängerung der Lebensspanne bisher an keinem anderen Organismus gelungen. Zusätzlich zum Hungern wurden die beiden Gene RAS-2 und SCH-9 reduziert, dadurch wurde der lebensverlängernde Effekt des Hungerns erweitert. Beide Gene sind auch beim Menschen bekannt, man weiß, dass sie die Ent­stehung von Krebs fördern.

Wichtige Gene, die ebenfalls bei der Nahrungskarenz eingeschaltet werden, regeln und fördern die Kohlen­hydrataufnahme in der Zelle. Dies ist plausibel und macht Sinn: Wenn Zellen drohen, verhungern zu müssen, dann öffnen sie verständlicherweise die Zelltore, um die wenigen Zuckermoleküle in die Zelle zu lassen. Dies ist bildlich gesprochen. In Wirklichkeit werden Gene aktiviert, die den Import von Glukose in die Zelle erleichtern – ein weiterer Mechanismus, um den Hungertod der Zelle zu verhindern. So wird einerseits die Glukose­aufnahme verbessert, andererseits jene im Alter mitunter verstärkt zu beobachtenden Probleme beseitigt, die bewirken, dass Zucker im Blut bleiben muss, ohne in die Zelle gelangen zu können. „Insulinresistenz“ nennt sich dieses Altersproblem, das vor allem bei übergewichtigen Menschen zu beobachten ist und als Vorstufe der Zuckerkrankheit angesehen werden kann.

Kalorien­restriktion scheint auch gegen die Entstehung von Dia­betes das wirksamste Präventivum zu sein. Zu den Überlebens-und Verjüngungsgene, die durch das Hungergefühl angeregt werden, gehören jene, die im Alter und auch bei den Vorstufen der Zuckerkrankheit nur mehr langsam zu arbeiten im Stande sind. Sie werden durch das Restriction of Calories-Programm auf Vordermann gebracht. Dabei ist es nicht notwendig, permanent zu hungern, wohl aber längere Phasen der absoluten Nahrungskarenz einzulegen. Nur so wird den Genen die Botschaft vermittelt, jene Proteine dem Körper zur Verfügung zu stellen, welche den Import der Kohlenhydrate aus dem zirkulierenden Blut möglich machen und damit gleichzeitig den Blutzucker senken. Zuviel Energie im Blutgefäß, vor allem zuviel Kohlen­hydrate und Glukosen, scheint den Alterungsprozess zu beschleunigen. Glukose und Insuline abzusetzen, sind demnach Überlebungsprogramme, die sich vor allem dann einschalten, wenn man ab und zu über 14 Stunden keine Nahrung zu sich nimmt. Das ist der Gedanke des Ramadans: wenn man das Fasten vom Tag in die Nacht hinein legt, hat man zusätzlich noch viele andere Vor­teile, welche durch die verstärkte Produktion des Wachstumshormons bedingt sind..Allerdings soll man sich auch dabei – vor allem wenn man zum Diabetes neigt – vom Arzt beraten lassen.

Die Ruhe der Erneuerung

Ein interessantes Gen, welches in Hungerperioden aktiviert ist und das Überleben der Zelle ermöglichen soll, sind die so ge­nannte Sirtuine – gene, in denen das Wort „Silencing“ steckt, was Ruhe im Zellverband bedeutet. Diese Ruhe ermög­licht es unserem Organismus, Reparaturvorgänge abzu­spielen und damit geschädigte Zellen zu regenerieren. So hat die Restriction of Calories-Strategie einen doppelten Effekt: Einerseits tötet sie nicht reparierbare Zellen einfach ab, andererseits verstärkt sie aber auch ein Reparaturprogramm, das dort den Schaden wieder behebt, wo er eben noch korrigierbar ist. Dies ereignet sich durch die Sirutine – Ruhigstellungsproteine – welche die Zelle in eine Reparaturpause bringt. Als geniale Sensoren des Energiezustandes werden jene Wasserstoffatome benützt, die bei der Verdauung der Nahrungsmittel freigesetzt werden und in den Mito­chondrien Energiegewinnung über die ATP-Turbinen möglich machen. Sind viele Wasserstoffatome und deren Protonen vorhanden, so spricht dies für gute Er­nährung. Über die Verdauung wird von einem hohen Nahrungsangebot auch eine hohe Anzahl von Wasser­stoffatomen verfügbar. Sind die Ressourcen jedoch knapp, so drosselt der Organismus die Wasserstoffpro­duktion und dies registriert hochsensibel der Organis­mus. Die Anzahl der in der Verdauung entstandenen Wasserstoffprotonen ist für ihn ein Maßband, das abzu­schätzen hilft, wie viel Nahrung im Körper aufgenommen wurde. Sinken die Protonen ab, so vermutet der Körper mit Recht, dass wenig Energie zur Verfügung steht – dann werden die Sirtuine angeworfen, welche die Ver­dauungsruhe der Zellen nützen, um ihre Reparaturvor­gänge zu starten.

Vor kurzem hat die Medizin eine Substanz gefunden, die die gleichen Reparaturvorgänge an den Genen und auch an der Genverpackung vor­nimmt – ohne dass man den Schmerz der niedrigen Glukose erleiden muss. Es handelt sich dabei um einen Schalenbestandteil, nämlich um das Resveratrol aus der Weintraubenschale. Diese Verbin­dung hat bei den Trauben eine besondere Aufgabe: Resveratrol schützt den Weinstock vor Pilzbefall, es ist also ein Pilz­schutzmittel des Weines, ein „Canesten“ für die Trau­ben. Diese Substanz kommt vor allen in jenen Weintrauben vor, die in Gebieten wachsen, wo die Gefahr eines Pilzbefalles groß ist, wo heiße Tage sehr feuchten Nächten gegenüberste­hen, durch die sich viel Tau bildet, der wiederum den Pilzen Überlebensmöglichkeiten bietet. Rotweine, die in diesen Weinbaugebieten wachsen, in denen sich der Weinstock hart gegen Pilze zur Wehr setzen muss und deswegen das Resveratrol in hoher Konzentration be­sitzen, haben möglicherweise einen günstigen Einfluss auf das Jungerhalten der Zelle.

Übergewichtige Altern schneller

Nach Berechnungen der Weltgesundheitsbehörde ist mindestens ein von zehn erwachsenen Menschen welt­weit übergewichtig. In westlichen Ländern steigt der Prozentsatz der Übergewichtigkeit auf 25 % und mit un­ter sogar noch darüber.
An der übermäßígen Nahrungsaufnahme leiden zahlrei­che Zellen, die Auskleidungsschicht der Blutgefäße, Leberzellen, Myozyten des Blutes, aber auch die so genannten mononuklearen Zellen, welche für unsere Immunabwehr von Bedeutung ist. Durch maßloses Essen entstehen freier Radi­kale, je mehr Nahrung man zu sich nimmt, umso höher wird die Radikalbelastung. Dies entspricht dem be­rühmten oxidativen Stress, der entzündungsähnliche Zustände hervorruft. Ein Überangebot an Essen hat demnach etwas mit einer chronischen Entzündung zu tun. Nimmt man zu viel Nahrung zu sich, so leidet auch die Proteinfabrik unserer Zelle, das endoplasmatische Reti­kulum, das umso besser arbeitet, je ge­ringer das Überangebot an Kalorien ist. Wird diese Pro­teinmaschinerie unseres Körpers durch zu viele Kalorien strapaziert und überfordert, so gelingt es ihr schwerer, die Proteine in die rich­tige Endfassung zu bringen. Sie werden nicht mehr ord­nungsgemäß gefaltet, dadurch entstehen falsche Proteine, welche ihre Aufgaben nur suboptimal bewälti­gen.

Zuviel Essen bewirkt noch ein Drittes: Die Mitochondrien, die Kraftwerke unserer Zelle, welche Nahrung in Energie umsetzt, werden mit dem Endprodukt der Verdauung, dem Acetyl-Coenzym-A, über Gebühr strapaziert – sie erhalten zuviel, dadurch werden die Mitochondrien in ihrer Aktivität verwirrt, gestört und tun sich schwer, aus Nahrung Energie herzustellen. Das ruft einen Teufelskreis hervor: Die Mitochondrien ertrinken förmlich im Energieangebot und sind dadurch auf der anderen Seite nicht mehr in der Lage, die Nahrung in Adenosintriphosphat, der Grundwährung der Energie, umzuwandeln. Ein Zuviel an Nahrung stört demnach ihre Verwertung.

Es sind also drei Mechanismen, die beim übermäßigen Essen aktiviert werden und den Körper schneller altern lassen. Freie Radikale, die bei der Verdauung zu vieler Nahrungsmittel entstehen, schlecht geformte Proteine – weil das Endoplasmatische Retikulum, die Peptidefabrik unserer Zelle, überlastet ist und ein Überangebot an Fett-Coenzym A das zum Kollaps der Mitochondrien führt – das alles sind die Schatten­seiten der Überernährung und passieren dann, wenn man die Goldene Mitte verlässt und zu viel Nah­rungsmittel konsumiert.
Alle drei Vorgänge: freie Radikale, missgebildete Pro­teine und kollabierte Mitochondrien münden in ein Signalsystem, das sie gleichzeitig anregen und von zwei Steuerungsmolekülen dominiert werden, die mit Entzündungen und auch mit Krebsentstehung verbunden sind, Phosphokinasen sowie den nuklearen Faktor Kappa B. Die Folge ist ein entzündungsähnlicher Prozess – eine Entzündung ohne Bakterien – ausgelöst nur durch Völlerei.

Erste Folge dieser Information ist, dass die Aufnahme von Kohlenhydraten in die Zelle gestört wird. Das sogenannte Phosphatitylinositol-3-Kinase-System wird durch die entzündungsähnlichen Reaktionen gehemmt, dadurch entsteht eine Insulin­resistenz, welche weitere Probleme mit sich zieht. Nicht nur der Muskel und viele arbeitende Zellen unseres Körpers haben dadurch Schwierigkeiten, Insulin aufzunehmen, gleiches passiert auch im Gehirn, auch dort entwickelt sich eine Resistenz und zwar sowohl gegen das Insulin wie auch gegen das Leptin. Damit beginnt der Körper – vom Gehirn aus gesteuert – das Übergewicht und die vermehrten Fettzellen zu verteidigen, die hormonelle Meldung der Überernährung wird nicht mehr wahrge­nommen, der einsetzende Heißhunger ist nur mehr schwer korrigierbar.
Dass auch das Blutgefäßsystem und die Innenausschich­tung der Arterien leiden, ist seit Langem bekannt. Die entzündungsähnlichen Reaktionen, welche bei Über­gewichtigen in vielen Geweben anzutreffen sind, ma­chen auch vor dem Endothel, der Innenauskleidung der Gefäße nicht halt. Das begünstigt einerseits die Verkal­kung, andererseits hemmt es die Stickmonoxydfreisetzung, d. h. die Bildung jenes kleinen Moleküls, das die Durchblutung sicher stellt und der Blutgefäßverkalkung entgegenarbeitet.